Ein Kranichzugtag über den Rieselfeldern

Im Formationsflug sind sie oft variabel. Wenn sie keine langen Ketten bilden, scheint es eher Unstimmigkeiten zu geben. Vielleicht lösen sie gleich die Formation auf und kreisen, um zum Beispiel über einem relativ wärmeren günstigen Ort die Thermik für einen Aufstieg in die Höhe zu nutzen.

Donnerstag der 16.11.2023 war schon ein interessanter Zugtag der Kraniche über den Rieselfeldern. Nach den ersten gemeldeten Kranich-Sichtungen am Himmel über den Rieselfeldern wurde Stellung auf dem Aussichtsturm bezogen, um den erwarteten großen Zug aus der Diepholzer Moorniederung über Münster in Richtung Süden und Südwesten zu beobachten. Was dann kam war zwar nicht der wirklich große Zug über Münster, aber dennoch bemerkenswert.

Eine Kranich-Familie über den Rieselfeldern. Oben im Bild der junge Kranich im ersten Jahr mit der noch nicht ausgefärbten braunen Kopfzeichnung. Foto: Thomas Sauter.

Die Kraniche kamen anfänglich in größeren Zügen aber auch in kleineren Gruppen aus Richtung Norden. Dann gab es jedoch schon bald die ersten Umkehrzüge in Richtung Norden. Wahrscheinlich waren die aus Südwesten aufziehenden drohend dunklen Wolken der Grund für einige wieder umzudrehen. Zunächst waren es auch nur kleine umkehrende Gruppen bis schließlich auch größere Umkehrzüge am Nachmittag beobachtet werden konnten. Die nachstehende Tabelle, die nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, gibt ein kleinen Eindruck davon, dass auch für die Kraniche nicht alles vorhersehbar und planbar ist. Das Zugverhalten richtet sich sehr nach den regionalen Witterungsverhältnissen.

Wenn die Kraniche morgens mit dem ersten Licht (oder wenn sich der Nebel gelichtet hat) in der Diepholzer Moorniederung starten, scheint dort noch die Welt in Ordnung. Einmal über den Teuto geflogen, kann es dann sein, dass aufziehendes Schlechtwetter und oder zunehmender Gegenwind sie zu zunächst tiefer drückt und dann auch zur Umkehr veranlasst.

Die ersten Umkehrzüge gab es ca. um 12 Uhr. Bis 13 Uhr gab es aber immer noch regelmäßige Zugbeobachtungen in Richtung Süden. Um 14:40 Uhr wurde der letzte Zug in Richtung Südwest notiert. Danach kamen nur noch Umkehrzüge und wahrscheinlich einige Rastplatzsuchflüge in östliche Richtungen. Aber nicht alle kehrten um. Der Zug über Münster war nicht besonders stark ausgeprägt. Viele größere Züge über Ostwestfalen und weiter dem Siegerland, Hessen und Rheinland-Pfalz brachten viele Kraniche in den Südwesten wahrscheinlich bis nach Zentralfrankreich. So wurden 52 000 über dem Lahntal gesichtet (Quelle: Martin Kraft, Kranichmailgruppe).

Auch bemerkenswert: Der viel schönere Zugtag am Freitag brachte über Münster sogar noch weniger Beobachtungen als der Donnerstag und noch viel mehr Kraniche auf östlicheren Routen. Am Freitag wurden 104 000 über dem Lahntal (Quelle: Martin Kraft, Kranichmailgruppe) in die Mailgruppe gesetzt.

Wer derart beeindruckende Zahlen erleben will, kann bereits bei den Kranichrastpätzen in der Diepholzer Moorniederung Erfolg haben. In dieser Region rasteten nach Angaben des „BUND Diepholzer Moorniederung“ am vergangenen Wochenende über 68 000 Kraniche (https://bund-dhm.de/kraniche/). Allerdings dürfte die Zahl nun nach den zwei Zugtagen erheblich abgenommen haben.

Während des Herbstzuges können zigtausende Kraniche in der Diepholzer Moorniederung bei der Nahrungsaufnahme oder beim Einflug auf die Schlafplätze in den renaturierten Moorbereichen beobachtet werden.
So können Massenstarts in der Diepholzer Moorniederung aussehen. Archivbild von einer Fahrt des Freundes- und Förderkreises Europareservat Rieselfelder Münster zum Herbstzug der Kraniche.

Und übrigens: sie kommen hoffentlich immer wieder – im zeitigen Frühjahr. Und wenn dann die Reise die Kraniche zu sehr schlaucht, machen einige vielleicht mal eine spontane Rast in den Rieselfeldern:

Nach einer Rast am Großen Stauteich brechen Kraniche an einem späten Februar-Morgen mit dem ersten Licht wieder auf zu den Brutgebieten im hohen Norden um die Ostsee.