Vibrierende Rieselfelder

Selbst ein EU-Vogelschutzgebiet wird durchgerüttelt

In einer zweiten Projektphase untersuchen die Stadt Münster und die Stadtwerke Münster derzeit den Untergrund mittels der sogenannten 3D-Seismik. Damit wollen sie die Potentiale der Tiefengeothermie ausloten. Die gewonnenen Untersuchungsdaten sollen nach ihrer Auswertung irgendwann in den nächsten Jahren die Voraussetzung schaffen, das fossil mit Gas betriebene Heizkraftwerk der Stadtwerke durch ein Kraftwerk zu ersetzen, das das Fernwärmenetz mit regenerativer Erdwärme versorgt.

Allerdings: Zuvor erfordert das millionenschwere Vorhaben einen erheblichen Aufwand. So soll zunächst die gesamte Fläche des Stadtgebiets geophysikalisch untersucht werden, um ein möglichst genaues Bild von den kilometertiefen Gesteinsschichten unter Münster zu erhalten. Dazu werden sogenannte Vibro-Trucks mindestens bis zum 20. Dezember ausschwärmen und auf befestigten Wegen und Straßen mittels einer Rüttelplatte unter dem Fahrzeug Erschütterungen im Untergrund erzeugen. Die Reflexionen dieser Erschütterungswellen werden von sogenannten Vibrophonen, die zuvor an den Wegen ausgelegt worden sind, registriert. Die Daten werden aus den Empfängern ausgelesen und analysiert.

Diese große Rüttelaktion in Münster macht auch nicht vor den Rieselfeldern Münster Halt – also nicht einmal vor einem EU-Vogelschutzgebiet! Die Vibro-Trucks sind abends und nachts (von 19 Uhr abends bis 7 Uhr morgens). Sie lassen nicht nur den Boden vibrieren, sondern machen zusätzlich eine Menge Lärm. Alle 30 Meter macht ein Truck auf Straße oder Weg Halt und senkt seine Rüttelplatte ab, um denn Untergrund durchzurütteln. Massive Störungen wie diese, die viele Vögel aufschrecken und -fliegen lassen werden, sind in einem solchen Schutzgebiet nicht zu akzeptieren.

Die Biologische Station hat sich mehrfach, aber schlussendlich erfolglos gegen diese Aktion von Stadt und Stadtwerken gewehrt. Sie wird derzeit auf den Straßen Coermühle, Wöstebach und Hessenweg durchgeführt. Wir hatten gefordert, die Rieselfelder von den Untersuchungen auszunehmen oder sie wenigstens einen größeren Abstand zu wahren. Jedesmal hieß es, dies sei nicht möglich, weil sonst die Vollständigkeit der Daten nicht erreicht würde und diese für ein komplettes Bild über den Untergrund von Münster unverzichtbar sei.

Erschwerend kommt hinzu, dass nicht einmal die wenigen Zusagen seitens der Vorhabenträger eingehalten werden. So sollte die Biologische Station vor Beginn der Untersuchungen über deren Start im Gebiet informiert werden. Darüber hat man sich einfach hinweggesetzt. Genauso wie über die Absperrungen im nördlichen Kerngebiet des Schutzgebietes, das für Besucherinnen und Besucher gesperrt ist, um die dort rastenden Vögel bewusst nicht zu stören. Um die Geophone in diesem Gebietsteil auszubringen, sind Mitarbeitende des Projekts einfach und ungefragt über die Tore der Absperrungen gestiegen. Und auch die vorher mitgeteilte Straßennutzung ist nicht eingehalten worden. So wurden Messungen abseits der Coermühle entlang und durch das 16er-Areal bis weit ins Schutzgebiet durchgeführt.
Da kann man nur sagen: Fröhliche Weihnachten!


Schon vorab haben die drei ortsansässigen Natur- und Umweltschutzverbände in einer Stellungnahme ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht und gegen die Untersuchungen in Schutzgebieten wie den Rieselfeldern protestiert. Wir haben diese Stellungnahme an das Textende angefügt: